Krimireihe

Die Krimireihe habe ich mir selbst eingebrockt. Bloß, wie schreibt man die?

Veröffentlicht von
Chili sieht rot ist beliebt. Wie geht es weiter? Nicht wie bisher. Nein, die Leserinnen erwarten Spannung. Die ergibt sich aus dem Auf und Ab des Bekannten und dem, was überrascht. Sie verlangen Auflösung zum Gerichtsverfahren gegen die Kutterfrauen. Welcher neue Fall fordert Chili heraus? Und was folgt daraus? Gibt Jan seine Ablehnung zum Job seiner Frau auf? Sind Julia und Stefan noch ein Paar? Wann verliebt sich Lea? Und Mia? Was treibt die Kleine?

Figuren entwickeln sich, die Welt auch. Das beherzige ich. Leider ist es nicht so einfach. Ich befasste mich daher mit anderen Krimi-Autorinnen, die in Serie schreiben. Sie brachten jeweils viele Bände heraus. Mit den Folgebänden verringerte sich die Qualität.

Ich sah mir Fernsehserien an. Die Hollywood-Methode funktioniert so: Eröffne mit einem dicken Problem, füge kleinere hinzu und leite die Geschichte am Schluss ins Happy End. Drei Staffeln mit je zwölf Folgen finde ich okay. Lässt sich spannend gestalten. Weitere langweilen. Das entspricht drei Krimis in der Reihe. Woran liegt das? Die Protagonisten handeln in ihrem Stil. Wiederholen die gleichen Sätze. Sie verändern sich kaum. Nach dem dritten Band langweilt mich das.

Warum? Weil ich keine Menschen kenne, die ihr Leben lang dieselben bleiben. Lediglich ein Gefühl bleibt: Das bin ich! Wir fühlen uns wie üblich. Aufgrund dieser Gewissheit meinen wir, so wie stets und ständig zu sein. Wenn ich Fotos aus den 80er Jahren betrachte, befremden sie mich jedoch. Das war nicht ich!

Ich plane mehr. Denn Substanz entsteht durch echte Entwicklung. Die braucht Zeit.

Wer oder was entwickelt sich wie weiter?

Drei Kriterien fördern das Interesse am neuen Band der Krimireihe besonders. Jedenfalls bei mir.

  1. Die Wortwahl. Ein Wort ist genug. Es drückt aus, was du meinst. Vermeide Füllwörter. Setze einen Punkt.
  2. Die Wahl der Protagonisten. Schildere ihr Innenleben. Wen lieben sie? Oder was? Weinen sie? Lachen sie? Sagen sie grundsätzlich Ja? Oder ständig Nein? Zweifeln sie? Welche Macken zeichnen sie aus? Wie antworten sie auf Gewalt? Warum wählten sie genau ‚diesen‘ Beruf? Was berührt sie? Grübeln sie? Bitten sie andere um Hilfe? Sind sie der Typ Alleingang? Streiten sie?
  3. Einfluss. Wie beeinflusst ein Mord Chili? Verändert sie das? Und aus welchem Grund? Was bewirken ihre inneren Zwiegespräche? Und die mit Jan und den Kindern? Welche ihrer Eigenschaften unterstützt sie, Probleme in ihrem Sinn zu lösen?

Die Krimis von Henning Mankell zeigen die Auswirkung der Polizeiarbeit auf die Polizisten. Tag für Tag. Ohne Pause die schwarze Seite des Menschen. Kommissar Kurt Wallander hält durch. Bei jedem Fall kämpft er mit sich selbst. Gegen die Depression. Wir lesen, auf welche Weise.

Annika Bengtzon trifft Traumatisches hart. Und Glückliches. Die Mutter lieblos. Die Großmutter liebevoll. Ihr erster Mann gewalttätig. Bis sie ihn in Notwehr tötet. Ihr zweiter Mann verlässt sie. Die beiden Kinder bleiben. Annika liebt sie über alles. Den Beruf erkämpft sie sich. Und bewährt sich. Der Autorin Liza Marklund gelingt ein Spagat zwischen Leistung, Liebe zu den Kindern und Annikas Hass auf sich selbst.

Zentrale Frage der Krimireihe: Was verändert Menschen und ihre Zukunft?

Du fühlst sie wie einen Stoß. Heftig. Ohne Vorwarnung. Tatsächlich schleicht sich die Veränderung aber allmählich an. Du siehst sie nicht kommen, du leugnest sie. Sie stürzt in dein Leben und lässt dir keine Chance. Sie gehört dir. Mach was damit. Los wirst du sie nicht mehr.

Wenn ein Anruf dein Leben verändert. In „Chili sieht rot“ habe ich diese Version gewählt. Es ist Sturmflut, als die Melodie des Handys ertönt. Die Regionalzeitung bittet die Coach, an den Deich zu fahren. Sie soll einen Artikel über den Toten dort schreiben.

Was treibt die Entwicklung in Band zwei der Krimireihe voran?

Chili packt die Koffer. Denn sie reist gleich mit Jan und den Kindern nach Amrum. Die Kutterfrauen fahren sie dorthin.

(Textprobe, null Korrektur, null lektoriert):

Das Handy meldete sich. Wer wollte so kurz vor ihrer Abreise noch was von ihr? Sie zog es hinter dem Sofakissen hervor. „Moin, hier Chili Keller.“

„Professor Wolf ist noch nicht da“, erklärte eine Frau Hinrichsen von der Hochschule. „Sie hat in zehn Minuten eine Vorlesung. Und ist nicht gekommen. Ich habe X-mal versucht, sie zu erreichen. Keine Antwort. Wo sie doch so pünktlich ist. Ist etwas passiert? Ein Unfall? Eine Krankheit?“

„Nein, davon weiß ich nichts.“

„Gerade jetzt, wo der Ferienkurs auf dem Plan steht. Bitte suchen Sie sie! Es eilt!“

„Ähm, ich hab‘ keine Ahnung. Sie wohnt hier nicht mehr. Haben Sie es bei ihr in Speckenbüttel versucht?“

„Ja, natürlich! Dort meldet sich niemand. Wenn sie nicht in fünfzehn Minuten hier ankommt, muss ich die Veranstaltung absagen. Das ist noch nie passiert. Bitte sehen Sie doch mal bei ihr nach, Frau Keller. Nur damit wir sicher sein können, dass sie wohlauf ist.“

„Ach herrje, ich bin gerade auf dem Sprung in den Urlaub.“

Chili drehte eine Haarsträhne um den Zeigefinger. In zwei Stunden würde der Kutter in Lüttlum ablegen. Eigens, um sie und die Familie nach Amrum zu schippern. Keine Chance, dass sie jetzt nach Julia suchte.

„Tut mir leid. Wir sind auf dem Sprung in den Urlaub. Fahren Sie lieber selbst hin.“

Annefried Hahn

Dass sie dem nicht folgt, entspricht ihr. Widersprüchlich wie stets. Chili rast nach Speckenbüttel, als gäbe es keine Verkehrsregeln. Stefans Arbeitszimmer ist verwüstet. Julia liegt nackt und schwer verwundet in der Dusche. Kaltes Wasser strömt über sie. Sie ruft Polizei und Rettungsdienst, rennt die Treppe nach unten und vor die Haustür. Dort wartet sie. Ein Kommissar taucht auf. Ihn kennt sie nicht.

„Da rief jemand: „Halt! Frau Keller, halten Sie sich bitte zur Verfügung. Wir müssen Sie noch befragen.“

Ein Kerl kam auf sie zu. Chili kannte ihn nicht. Er kleidete sich seltsam. Sein hellblau gestreiftes Jackett über einem türkisen T-Shirt. Igitt, kein Bremerhavener Schick. Dazu diese weite grasgrüne Leinenhose. Ui, Goldschnalle am Gürtel. Sie rümpfte die Nase. Für eine Frau wäre das okay. Für einen Mann? Auf keinen Fall! Und diese ehemals weißen Sneaker mit den Schmutzflecken. Unmöglich!

„Jean Lidot. Ich bin für den Einsatz hier verantwortlich. Bonjour, Madame.“ Er packte ihre Hand und drückte sie.“

Annefried Hahn

Chaos, Treibstoff der Veränderung in der gesamten Krimireihe

Der Einbruch bei Stefan, Verwüstung und brutaler Angriff auf Julia. Und ein neuer Kommissar. Ein Bretone. Mit Liebe zur rauen See. In der Kindheit traumatisiert, durch die Wucht des Meeres. Regeln und Vorschriften? Schießt er gerne in den Wind. Mit dieser Type hat Chili es nun zu tun.

Und was ist mit dem Urlaub? Fällt er aus? Reisen sie später? Bleibt es beim Urlaubsziel? Was auch geschieht, es betrifft die gesamte Familie. Denn die Spurensicherer finden eine Drohung an alle „Lieben“.